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Fundraising: Wie sich ein Projekt von vielen Unterstützern tragen lässt

Andreas Schiemenz

Wahrscheinlich kennen Sie die nachfolgende Geschichte aus Ihrer eigenen Arbeit oder aus Ihrem persönlichen Umfeld: Irgendwann konnten Sie nicht mehr wegschauen, irgendwann mussten Sie einfach etwas tun. Die Kommune war hilflos, in der Gemeinde fehlte das notwendige Geld und es fehlten die Menschen, die sich letztendlich dafür einsetzten. Sie haben sich ein paar Verbündete gesucht und haben losgelegt. Sie haben Ihre gesamte Freizeit zur Verfügung gestellt und mit den anderen Mitstreitern aus einer anfangs verrückten Idee ein tolles Projekt gemacht. Es machte allen Beteiligten riesigen Spaß und in der Arbeit sahen Sie, wie glücklich die betroffenen Menschen über Ihren Einsatz waren.

Anfangs konnten Sie die Arbeit mit den eigenen Mitteln noch ganz gut stemmen. Wenn es um Essen und Trinken ging, dann hat jeder etwas mitgebracht. Das Porto für die Briefe an die Behörden haben Sie ausgelegt, so viel Geld war es ja auch nicht. Doch es fängt an, sich zu läppern. Es muss immer mehr geplant und berücksichtigt werden. Bald brauchen Sie eine Anlaufstelle, ein Büro und Technik, um den steigenden Verwaltungsaufwand im Griff zu haben. Sie stellen fest, dass auch die finanziellen Mittel nicht mehr ausreichen, es braucht einfach mehr Geld. 

Sechs Milliarden Euro werden jedes Jahr gespendet

Spenden sammeln mit Hilfe von Fundraising. Die Lösung für so manche finanziellen Herausforderungen von gemeinnützigen Initiativen. Jahr für Jahr spenden die Menschen in Deutschland etwa sechs Milliarden Euro. Ein stolzer Betrag, den die Spender für die etwa 600.000 gemeinnützigen Träger zur Verfügung stellen. In vielen Bereichen geht die Arbeit ohne Spenden gar nicht. 

Sechs Milliarden Euro stehen also jedes Jahr zur Verfügung und etwa jeder Dritte in Deutschland spendet gern, trägt sozusagen ein Spender-Gen in sich. Wenn Sie also beim Lesen dieses Beitrages um sich herumschauen und Sie sehen dort drei Menschen, dann ist – rein aus statistischer Sicht – ein Spender dabei. Die anderen zwei Menschen sind keine Spender bzw. sie spenden nur bei großen, medial erwähnten Katastrophen.

Der Volksmund sagt: „Taten gelten mehr als Worte.“ Da das Spenden zu einem wichtigen Bestandteil unserer Kultur, unserer Ethik gehört, werden sich selten die Nichtspender als solche outen. Der Nichtspender wird eher Vorwände anführen, warum er nichts gibt. Den Spender zu erkennen ist indes ganz einfach: Er spendet. 

Fundraising heißt Menschen um Geld bitten

Nun ist das mit dem Spender aber nicht ganz so einfach. Er möchte zwar gern spenden, doch er will auch angesprochen werden. Daher ist Fundraising die aktive Einladung von Menschen, sich finanziell an einem gemeinnützigen Projekt zu beteiligten. Diese Einladung müssen Sie jedoch sehr konkret aussprechen, d.h. Sie müssen eine bestimmte Person um einen bestimmten Betrag bitten. Also Herrn Michael Meier um 25 Euro. Oder Frau Silke Seidensticker um 75 Euro. 

Kein Fundraising ohne Zahlschein

Dabei haben Sie verschiedene Möglichkeiten, diese Spendeneinladung auszusprechen. Sehr beliebt sind noch immer die Spendenbriefe, die Sie vielleicht auch hin und wieder von namhaften Organisationen erhalten. Ein guter Spendenbrief besteht aus dem Umschlag, einem Anschreiben (nur eine Seite), einem Flyer mit der Beschreibung der Projekte und einem Zahlschein für die Überweisung. Jedes dieser Elemente hat seine Berechtigung. Stellen Sie sich ein persönliches Spendergespräch vor. Die Visitenkarte, die Sie zu Beginn des Gespräches überreichen, ist beim Brief der Umschlag. Der Brief selbst dient zur Einstimmung in das Gespräch und der Flyer übernimmt die Präsentation des Projektes. Damit der Leser am Ende auch die Spende tätigt, ist der Zahlschein wichtig. Überhaupt ist der Zahlschein mit der wichtigste Bestandteil im Fundraising. Er hat eine ganz wichtige Funktion in der Ansprache der Geber: Er zeigt auf klare, unmissverständliche Art und Weise, dass Sie und Ihre Organisation auf Spenden angewiesen sind. Wenn Sie auf diesen Zahlschein verzichten, dann nehmen Sie dem Empfänger die Möglichkeit, auf einen Blick Ihr Anliegen zu erkennen. 

Großspender im persönlichen Gespräch überzeugen

Während für die Klein- und Normalspender der Brief eine gute Ansprachemöglichkeit ist, lassen sich größere Spenden am besten über ein persönliches Gespräch gewinnen. 

Je intensiver der Kontakt zu einem Geber ist, desto höher ist die Chance einen größeren Spendenbetrag zu bekommen. Ob sich bei Ihnen das persönliche Gespräch ab 500 Euro oder ab 5.000 Euro lohnt, müssen Sie entscheiden. Aufwand und Ertrag sollten immer in einem guten Verhältnis zueinander stehen. 

Natürlich braucht es für die direkte Ansprache mehr Mut als für einen Brief. Den Brief formulieren Sie in ruhigen Minuten an Ihrem Arbeitsplatz. In einem persönlichen Gespräch müssen Sie dem potentiellen Geber Rede und Antwort stehen. Ja, es braucht Mut, doch es lohnt sich. Denn das Geld ist nicht für Sie persönlich, sondern für ein einzigartiges Projekt. Nehmen Sie also Ihr Herz in die Hand, noch besser Sie legen es auf Ihre Zunge: „Lieber Herr Geber, wir benötigen 500 Euro für unser Projekt von Ihnen. Unterstützen Sie unsere Arbeit.“ Die direkte und freundlich gehaltene Einladung kann Ihnen niemand übel nehmen. 

Kommunikation zu 100 Prozent mit Fundraising

Doch bevor Sie auf Ihre künftigen Spender zugehen, müssen Sie noch ein paar Hausaufgaben machen. Die wichtigste Aufgabe ist es, das Thema Fundraising kompromisslos in die Kommunikation aufzunehmen. Ihre Internetseite braucht auf jeder Seite einen gut sichtbaren Spendenbutton, der auf eine Spendenseite verlinkt. In jeder E-Mail und jedem Newsletter gibt es einen Hinweis auf ein Spendenprojekt, ebenfalls mit einem Link auf Ihre Spendenseite. 

Kein Brief verlässt Ihre Organisation, ohne dass der Empfänger zur Spende eingeladen wird. Keine Veranstaltung, egal ob Mitgliederversammlung, Sommerfest oder Weihnachtsbasar, ohne Spendenaufruf. Nur durch die konsequente Benennung verstehen die Menschen, dass ein Projekt auf Spenden angewiesen ist. 

So kommen Sie an Spender

Doch jeder Brief benötigt eine Adresse, damit er zugestellt werden kann, und jedes Gespräch einen Gesprächspartner. Im Fundraising beginnen wir immer mit den Personen, zu denen es bereits Kontakte gibt. Dazu gehören die Mitglieder im Vereinsvorstand, die ehrenamtlichen Unterstützer und alle Freunde des Projektes. Diese Menschen werden, wenn es um kleinere Beträge geht, per Brief und bei größeren Beträgen im persönlichen Gespräch direkt zur Spende eingeladen. Doch das ist nur der erste Schritt. Denn im zweiten Schritt bitten Sie diesen Personenkreis, weitere potenzielle Unterstützer anzusprechen. Denn auch Fundraising ist Teamarbeit.

Wenn die vorhandenen Kontakte nicht ausreichen, dann müssen Sie weitere Adressen sammeln. Nutzen Sie dazu die Veranstaltungen Ihrer Organisation. Bitten Sie die Besucher des Basars oder des Sommerfestes um deren Adressen, damit Sie weiter in Kontakt bleiben können. 

Doch auch die sogenannte Kaltakquise ist eine Möglichkeit, neue Spender zu gewinnen. In der Kaltakquise geht es darum, Menschen um Unterstützung zu bitten, zu denen es bisher noch keine Kontakte gab. Gerade das persönliche Gespräch eignet sich hier sehr gut, diese Menschen für Ihr Projekt zu begeistern. 

Großspender lassen sich relativ leicht finden. Denken Sie einmal nach, welche Unternehmer in Ihrer Region erfolgreich sind. Schauen Sie sich die wichtigsten Arbeitgeber an und sprechen Sie die Inhaber dieser Firmen an. Der Vorteil bei diesen regionalen Unternehmern liegt darin, dass Sie ihnen immer wieder begegnen können. Im Förderkreis des örtlichen Museums, auf dem Empfang der Industrie- und Handelskammer, beim Neujahrsempfang im Rathaus oder auf dem Tennis- oder Golfplatz.

Mit der Wurst nach dem Schinken schmeißen

Fundraising ist also eine gute Möglichkeit, die finanziellen Lücken zu schließen. Doch Fundraising ist auch Arbeit. Es braucht Ressourcen, entweder Arbeitszeit oder Geld. Nur wenn Sie investieren, dann erhalten Sie auch die notwendigen Spenden. Starten Sie langsam und gehen Sie konsequent Ihren Weg. Besuchen Sie regionale Fundraisingtage, lesen Sie die Fachbücher von Experten, tauschen Sie sich mit anderen Organisationen aus oder lassen Sie sich auf der Fundaising Akademie zum Fundraiser ausbilden. 

Fundraising macht Spaß, finanziert Ihr Projekt und macht Sie und den Geber glücklich.

Zum Autor

Andreas Schiemenz

Andreas Schiemenz arbeitet seit über 40 Jahren im Vertrieb und seit fast 30 Jahren im Fundraising. Als Strategieberater begleitet er gemeinnützige Akteure in den Bereichen Marke und Fundraising. Als Autor hat er u.a. das Vertriebshandbuch für Fundraiser „Das persönliche Gespräch: Fundraising aus Überzeugung“ bei SpringerGabler verfasst. 

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