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Finanzen und Finanzplanung für soziale Initiativen

Markus Thiedtke

Wer kennt das nicht? Wir beschäftigen uns nicht gerne mit einem Thema, zu dem wir keine Lust haben. Finanzen und Zahlen gehören bei vielen Menschen dazu. Oft spielt dabei Unsicherheit eine Rolle. Dabei sind die Basics einfach und können auch Spaß machen. Also, auf geht es!

Was sind die Unterschiede zwischen Finanzen, Finanzplan, Bilanz und Controlling?

Grob gesagt sind „Finanzen“ nur ein Oberbegriff. Am Ende geht es immer um die Fragen „Was wird in der Zukunft auf uns zukommen“ (Finanzplan) und was wurde für einen festgelegten Zweck (z.B. Steuern, Gesellschaftsrecht) als tatsächlich eingetreten ermittelt (Bilanz/Gewinn- und Verlustrechnung). Das Controlling dient dazu, die Planung zu überprüfen und bei Bedarf Aufteilungen anzufertigen. Das können zum Beispiel Projektkalkulationen oder Zwischenrechnungen sein.

Warum sollte ich mich als Initiative mit Finanzen auseinandersetzen und einen Finanzplan aufstellen?

Eine mögliche Insolvenz wird hier oft als erstes Beispiel genannt – und dies ist auch eine valide Anwendung. Jedoch benötigt man einen Finanzplan auch schon am Anfang seines Schaffens. Beispielsweise ist bei vielen Zuschüssen, gerade von staatlicher Seite, oft ein prozentualer Anteil selbst beizusteuern. Wer meint, dafür hätte man doch einen Steuerberater oder eine Steuerberaterin, liegt meist falsch. Die Steuerberaterin oder der Steuerberater schaut in der Regel mit einer anderen Brille auf die Zahlen und hat vor allem die Bilanz im Blick. Ideal sind Gespräche auf Augenhöhe, denn dann kann – wenn benötigt – die beratende Funktion effektiv eingebracht werden! Zudem sollten auch die Kosten für die interne Planung im Blick behalten werden. Denn sonst kann es zu kurzfristigen Einstellungen von Projekten, Tätigkeiten oder notwendigen Streichungen von Ehrenamtszulagen oder ähnlichem kommen und dies kann sehr unangenehm sein. 

Einnahmen

Alles fängt damit an, die eigenen Einnahmen zu planen oder gut zu schätzen. Habe ich wiederkehrende Einnahmen und mit welcher Wahrscheinlichkeit werde ich Spenden erneut erhalten? Mit zunehmender Erfahrung werden diese Einnahmenplanungen immer genauer. Es wird immer wieder Ereignisse geben, die unerwartete Veränderungen hervorrufen, wie beispielsweise die Covid-19-Pandemie oder der Einmarsch Russlands in die Ukraine.

Starten Sie mit einer Tabelle, egal ob auf Papier oder gleich in Excel. Notieren Sie die Höhe der Einnahme, Datum, Turnus, Herkunft und Hinweise wie Einschränkungen in der Nutzung der Gelder.

Sie haben keine Idee und keinen Plan, ob Sie Spenden, Fördergelder, Mitgliedsbeiträge oder ähnliches nutzen wollen? Keine Sorge: Sie können auch erstmal mit den Ausgaben anfangen.

Ausgaben

Die Ausgaben zusammenzutragen, fällt meistens etwas leichter. Als junge Initiative hat man jedoch oft keine Idee, was die genauen Kostenblöcke sind. Überhaupt nicht schlimm. Befolgen Sie einfach die folgenden Grundsätze:

  1. Eine gute Schätzung ist besser als gar keine Zahl
  2. Treffen Sie Annahmen und Wenn-Dann-Optionen
  3. Es gibt nie nur einen Finanzplan, sondern verschiedene, auf die jeweilige Situation oder den Zweck angepasste Finanzpläne

Die alten Griechen haben es mit einem Zitat von Perikles schon auf den Punkt gebracht:

„Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorauszusagen, sondern auf die Zukunft vorbereitet zu sein.“ 

Analog zu den Einnahmen macht es Sinn, mindestens nach den folgenden Kriterien aufzuteilen: Einmalige Kosten, laufende Kosten und Kosten, die nur entstehen, wenn bestimmte Vorhersagen eintreten.

Bestandteile eines Finanzplans

Egal in welcher Form man die Einnahmen und Ausgaben auflistet, am Ende ähnelt die Auflistung oft einem Finanzplan. Zu einer vollständigen Übersicht gehören immer die folgenden Bestandteile:

  • Einnahmen
  • Ausgaben
  • Liquidität
  • Erläuterungen – denn Zahlen alleine machen keinen (kundigen) Leser glücklich
    • Ausnahmen begründen
    • Abweichungen erklären
    • Annahmen begründen und herleiten
    • Schätzungen plausibilisieren
    • Auf Referenzzahlen verweisen 

Übersichten von Ein- und Ausgaben sind nicht gleichzusetzen mit einer Übersicht über die Liquiditätslage. Die ist allerdings wichtig, um Lücken zu erkennen und eine Überschuldung zu vermeiden. Passiert dies einem klassischen Wirtschaftsbetrieb, muss dieser Insolvenz anmelden. Ein einfaches Beispiel dazu: Es werden Ausgaben von monatlich 1.000 EUR ermittelt, zu Beginn des Jahres erhalten Sie eine einmalige Spende in Höhe von 10.000 EUR – ab November ist das Geld alle – und nun?

Erläuterungen zu den einzelnen Beträgen sind der wichtigste Teil. Selbst bei einfachen Plänen sind die Zahlen durch einen Dritten ohne Hinweise nicht gut zu verstehen. Mit einigen wenigen Hinweisen schafft man Klarheit und kann Dritten, die sich damit beschäftigen, in einer angemessenen Zeit die Möglichkeit geben, sich ein genaues Bild der Finanzlage zu machen. Das ist auch sinnvoll, falls der Schatzmeister oder die Schatzmeisterin oder eine sonstige Vertrauensperson unvermittelt ausfällt.

Es gibt verschiedene Vorlagen, die man nutzen kann, um in das Thema einzusteigen und die ersten Schritte zu machen. Zum Beispiel finden Sie auf dieser Website Vorlagen zur Budgetplanung.

Im Rahmen des Stipendiums bei startsocial erhalten Teilnehmende ebenfalls eine hilfreiche Vorlage und können sich im Coaching gemeinsam mit ihren Coaches um das Thema Finanzplanung kümmern!

Controlling

Wie der Name schon vermuten lässt, steckt in dem Begriff die Kontrolle. Controlling kann verschiedene Facetten eines Finanzplans beleuchten. Inhalt und Umfang richten sich dabei stets nach dem Bedarf und helfen dabei, gemachte Vorhersagen zu überprüfen. Daneben kann es oft nötig sein, die Mittelverwendung innerhalb eines gewissen Zeitrahmens sicherzustellen bzw. zu überprüfen, ob zweckgebundene Mittel auch wirklich für den korrekten Zweck eingesetzt wurden. Mögliche Controlling-Aufgaben:

  • Wie gut sind meine Annahmen in Bezug auf Einnahmen und Ausgaben gewesen (Punktlandung oder ist mein Treibstofftank auf dem Weg zum Mond schon am Mars leer gewesen?)
  • Analyse möglicher Gründe für das Verfehlen der Zahlen
  • Einhalten der zweckgebundenen Spendengründe
  • Überprüfung der Fristen für die Ausgabe bestimmter Gelder
  • Eventuell vorhandene eigene Vorgaben der Initiative prüfen
  • Planerische Aufgaben – in spätestens 3 Jahren benötigen wir neue Computer, die werden ca. xyz kosten. Haben wir zusätzlichen Finanzbedarf und wann verfügen wir über die notwendige Liquidität?

Gesetzliche Pflichten bei der Buchführung

Grundsätzlich muss jede Initiative, die eine eigene Rechtsform besitzt wie z. B. ein eingetragener Verein, eine gGmbH oder eine Stiftung eine Buchführung betreiben. Im Wesentlichen ist dies damit verbunden, für alle Einnahmen und Ausgaben einen Nachweis zu führen und aufzubewahren. Es gilt der Grundsatz:

Keine Buchung ohne Beleg

Je nach Rechtsform und auch nach Umsatzgröße besteht entweder die Verpflichtung, eine Einnahmen-/Ausgabenrechnung (Einnahmenüberschussrechnung) oder eine Bilanz inkl. Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) zu erstellen. Die Verantwortung dafür trägt der Vorstand bzw. die Geschäftsführung, die auch dafür haftbar sind.

Eingetragene Vereine unterliegen nicht zwangsläufig einer Prüfungspflicht durch einen Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer, jedoch kann sich dies aus der Art der Tätigkeit ergeben oder ist angeraten (z. B. bei Erreichen einer gewissen Größe). Einige Steuerberater und Steuerberaterinnen bieten dies pro bono an. So oder so kann und wird irgendwann eine Prüfung der Unterlagen durch das Finanzamt erfolgen. Sorgfalt ist hier also von Beginn an sinnvoll. Sofern Gemeinnützigkeit testiert wurde, erfolgt zumindest alle drei Jahre eine Kurzprüfung.

Finanzplanung als Basis für Fundraising

Nach vielen theoretischen Abschnitten folgen hier nun ein paar ganz alltägliche Hinweise. Sie haben einen Finanzplan erstellt und auch einen Überblick, wann wieviel Geld für welchen Zweck benötigt wird? Sehr gut! Das ist die Basis für zielgerichtetes Fundraising. Die ersten Fragen einer Unterstützerin oder eines Unterstützers lauten üblicherweise wie folgt:

  • Wieviel Geld wird von mir „gefordert“?
  • Wann brauchen Sie das Geld?
  • Was machen Sie damit? Wofür brauchen Sie das Geld?

Auf diese Fragen werden sofortige plausible Antworten erwartet – ohne Finanzplan ginge das nur sehr oberflächlich und vage. Im weiteren Verlauf von Gesprächen und Diskussionen steigt man dann erst in weitere Details ein – auch diese hängen oft mit dem Finanzplan zusammen. Die Fragen, die Sie sich stellen sollten, können zum Beispiel Folgende sein: Wird die Förderung einmalig benötigt oder wiederkehrend? Wieviel meines Spendengeldes kommt beim eigentlichen Projektzweck an? An dieser Stelle kommt das Thema Wirkungsmessung ins Spiel, auf das in einem separaten Artikel näher eingegangen wird.

Technische Tipps und Software für das Buchhaltungsmanagement

Viele Initiativen erkundigen sich bei startsocial nach einer Software für die Verwaltung, den Zahlungsverkehr, die Buchung, etc. Hier kann pauschal keine Empfehlung ausgesprochen werden, da die richtige Wahl von vielen Faktoren abhängt: Größe und Alter der Initiative, Rechtsform, Träger u.v.m. 

Hier ein paar Hinweise zur Recherche:

  • Finanzplanung – für die meisten Initiativen wird Excel eine ausreichende Lösung sein
  • Mitgliederverwaltung, Einzug von Beiträgen – hier wird man meist bei Lösungen für Sportvereine und unter dem Stichwort „Software für Mitgliederverwaltung“ fündig
  • Onlinebanking – hier bieten sowohl die Banken selbst als auch Drittanbieter Software zu überschaubaren Preisen an
  • Buchhaltung – sofern vorhanden, ist ein Steuerberater hier der beste Ansprechpartner. Ansonsten gibt es auch hier Software für kleine Unternehmen und Vereine unter den entsprechenden Suchbegriffen. Funktionieren tun sie alle – ob für die Initiative passend, kann man nur durch Ausprobieren oder den Austausch mit anderen erfahren. Einige Anbieter geben hier Lizenzen im Rahmen der Gemeinnützigkeit kostenfrei oder vergünstigt ab

Den Einsteigerworkshop zur Finanzplanung von Markus gibt es auch als YouTube-Video mit vielen ergänzenden Informationen:

Workshop von Markus Thiedtke im Rahmen der startsocial-Beratungsphase 2022/23 (Januar 2023)

Links zur weiteren Vertiefung:

Zum Autor

Markus Thiedtke

Markus Thiedtke ist seit 1996 in oder für den Deutsche Bank Konzern beschäftigt. Nach der Ausbildung hat er verschiedene Positionen an den Standorten Bremen, Hannover, Frankfurt, Osnabrück und Hamburg innegehabt. Neben seiner aktuellen Position als Teamleiter eines 12-köpfigen Teams betreibt er nebenberuflich eine Hausverwaltung. Sein Engagement als Referent zum Thema „Finanzielle Allgemeinbildung (So geht Geld)“ betreibt Markus, ebenso wie die Aktivität als Juror & Coach bei startsocial, seit über 10 Jahren.