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Wirkungsmessung für soziale Initiativen

startsocial e.V.

Viele Initiativen beschäftigen sich intensiv mit dem Thema Wirkungsmessung, um ihr eigenes Tun und ihre Wirksamkeit zu reflektieren. Im folgenden Artikel geben wir einen kurzen Überblick über die wichtigsten Begrifflichkeiten, Methoden und Beispiele in der Wirkungsmessung.

Was ist mit Wirkung gemeint?

Jede soziale Initiative beschäftigt sich mit einem gesellschaftlichen Thema, bei dem eine Verbesserung der Situation erreicht werden soll. Hierfür führen die Initiativen Maßnahmen durch, mit denen sie dieses Thema angehen und die Verbesserung erreichen wollen. Aus der direkten Arbeit mit den betroffenen Personen resultiert eine Veränderung für die entsprechende Zielgruppe. Den Effekt der Maßnahmen, also die Auswirkung durch das, was die Initiative tut, bezeichnen wir als Wirkung. Nicht nur für die direkt angesprochene Zielgruppe wird eine Veränderung herbeigeführt, sondern oftmals erfolgt eine Veränderung (wenn auch zunächst im Kleinen) für die gesamte Gesellschaft. Man unterscheidet also zwischen der direkten Wirkung auf die Zielgruppe und die Wirkung auf die Gesellschaft.

Grafik: Eigene Darstellung

Beispiel:

Eine Initiative, die sich mit dem Thema Suchtprävention und -bekämpfung beschäftigt, adressiert direkt die Zielgruppe der Suchtgefährdeten und/oder tatsächlich Betroffenen und führt bspw. Seminare, Beratungen und Aufklärung durch. Diese Maßnahmen haben im besten Fall einen tatsächlich nachweisbaren, positiven Effekt auf die adressierten Personen, die Zielgruppe: Von den Sucht­gefährdeten werden weniger als sonst in diesem Stadium üblich abhängig. Die sich bereits in einer Abhängigkeit befindenden Personen finden Erleichterung im Umgang mit ihrer Situation, können die Sucht häufiger besiegen oder werden seltener rückfällig als ohne die Maßnahmen der Initiative. Aber auch auf die Gesellschaft können diese oder ähnliche Maßnahmen wirken, indem die Arbeit zu mehr Aufklärung in der Gesellschaft, Aufmerksamkeit für das Thema und daraus resultierend ggf. besserer Prävention und geringeren Fallzahlen führt.

Warum sollten sich soziale Initiativen mit ihrer Wirkung auseinandersetzen?

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Wirkung hilft sowohl jungen als auch bereits etablierten Initiativen in verschiedenen Bereichen. Dabei sollte zunächst darüber nachgedacht und klar definiert werden, wie die Initiative mit ihren Maßnahmen sowohl auf die direkte Zielgruppe als auch auf die Gesellschaft wirken soll. Die Wirkungsmessung kann mit verschiedenen Ansätzen durchdacht werden, bspw. einer Wirkungstreppe oder einem Problem- und Lösungsbaum. Alle Verfahren vereint, dass man einmal die gesamte Wirkungskette aufzeichnet. Das heißt, wie man von dem sozialen Thema ausgehend mit welchen Maßnahmen bei welcher Zielgruppe eine positive Veränderung hervorrufen möchte. Man kann auch von hinten bei dem gewünschten Effekt beginnen und aufzeichnen, wie man diesen erreichen möchte. Als Eingangsgrößen dienen dabei immer die erforderlichen Ressourcen, also finanziellen, materiellen, aber auch personellen Mittel, die man für die gesamte Unternehmung benötigt.

Ein Nachweis über eine tatsächliche Wirkung kann erfolgen, indem man diese mit Kennzahlen nachverfolgbar macht oder in einem höheren Entwicklungsstadium der Initiative die Wirkung sogar mithilfe von statistischen Verfahren misst.

In erster Linie erlaubt die Definition des Ansatzes und die Messung der Wirkung durch einen erhöhten Fokus auf das Thema eine Steigerung der Wirkung selbst. Zudem ergeben sich zahlreiche Vorteile innerhalb der Initiative als auch nach außen gegenüber den Stakeholdern:

Intern wird die Motivation aller Mitwirkenden erhöht, da man ein gemeinsames Ziel verfolgt und eine klare Vision hat, wie man dieses angeht, sowie ggf. sogar einen Nachweis über deren Sinnhaftigkeit hat. Außerdem können die tatsächlich durchgeführten Maßnahmen danach ausgewählt werden, welche von diesen die stärkste Wirkung zeigen. Ebenfalls kann durch eine tiefere Analyse die Wirkung gesteigert und bei gleichem Einsatz von Ressourcen ein stärkerer Effekt für die Zielgruppe erreicht werden.

Extern bieten sich insbesondere Vorteile für die Kommunikation über die Initiative und deren Maßnahmen. Potenzielle Partner, Förderer, aber auch Mitwirkende und Betroffene können gezielter angesprochen und von der Sinnhaftigkeit der Initiative überzeugt werden.

Welche Betrachtungsebenen gibt es beim Thema Wirkung?

Beim Beobachten und Messen von Wirkung werden vier verschiedene Ebenen unterschieden, die aufeinander aufbauen und jeweils einen gewünschten Effekt auf die nächste Ebene erzielen sollen. Folgende Level werden im Zusammenhang mit Wirkung unterschieden:

Input umfasst alle Ressourcen, die zur Realisierung der geplanten Outputs, also der Leistungen oder Arbeitsergebnisse der Initiative notwendig sind.

Beispiele: Geldmittel, Räumlichkeiten, Personal, Büromaterial, etc.

Output stellt Messgrößen für die durchgeführten Maßnahmen und die Größe der erreichten Zielgruppe dar. Diese Kennzahlen repräsentieren die Leistung der Initiative, messen jedoch noch nicht die Wirkung selbst.

Beispiele: Anzahl durchgeführter Workshops, Anzahl durchgeführter Einzelberatungen, erreichte Zahl an Betroffenen, etc.

Outcome stellt Kennzahlen dar, die die tatsächliche Wirkung auf die Zielgruppe messen. Es werden also direkte Auswirkungen und Effekte der durchgeführten Maßnahmen auf die betroffenen/adressierten Personen erhoben.

Beispiele: Lerneffekt bei den Teilnehmenden, Rückfallrate der unterstützten Personen, Anteil der geförderten Personen mit verbesserter Situation, etc.

Impact stellt Wirkungs-Kennzahlen dar, die den Effekt auf die gesamte Gesellschaft messen. Dazu zählen Effekte die direkt bspw. durch Aufklärungs- und Informationskampagnen oder indirekt über die Vielzahl von Maßnahmen der Initiative über die jeweiligen Zielgruppen erreicht werden. Diese Kategorie ist am schwierigsten zu messen, da viele Einflussfaktoren (u.a. auch die Aktivitäten anderer sozialer Initiativen) bereinigt werden müssen und gerade im frühen Stadium der Einfluss auf die Gesamtgesellschaft nicht immer in hohem Maße gegeben ist.

Beispiele: Informationsgrad in der Gesellschaft, Anteil Betroffener in der Gesellschaft, Anteil Rückfälliger in der Gesellschaft, etc.

Wie kann Wirkung gemessen werden?

Um die Wirkung einer Initiative messbar und nachverfolgbar zu machen, ist im ersten Schritt die Definition und Auswahl geeigneter Messgrößen der oben vorgestellten Kategorien erforderlich. In einem zweiten Schritt wird dann überlegt, wie diese Größen am besten erhoben werden können. Insbesondere für die Ebene der Outcome-Größen haben sich unterschiedliche Verfahren zur Messung etabliert, von denen wir eine Auswahl vorstellen wollen:

Qualitative Befragung: Durchführung von strukturierten Interviews mit unterstützten Personen der betroffenen und adressierten Zielgruppe. Hierüber können Stimmen eingefangen werden, die darstellen, welchen Effekt die durchgeführten Maßnahmen auf die Personen selbst hatten und inwieweit diese hilfreich waren oder wo vielleicht auch Verbesserungspotenziale bestehen.

Beispiel: wellcome führt u.a. qualitative Interviews mit unterstützten Familien durch, um die eigene Wirkung genauer verstehen und verbessern zu können. Aktueller Wirkungsbericht: https://www.wellcome-online.de/pdf/Jahresbericht-nach-dem-Social-Reporting-Standard.pdf

Quantitative Befragung: Mithilfe von (Online-)Fragebögen können Umfragen mit unterstützten Personen der betroffenen und adressierten Zielgruppe durchgeführt werden. Dabei können Punktebewertungen, bspw. dazu, wie stark die Maßnahmen zur Verbesserung beigetragen haben, statistisch ausgewertet werden und Freitextfelder zur Anregung von Verbesserungen dienen.

Beispiel: Die Hacker School führt regelmäßig Befragungen mit Schülerinnen und Schülern durch und ermittelt, inwieweit die digitale Bildung durch die durchgeführten Maßnahmen gefördert wurde. Aktueller Wirkungsbericht: https://hacker-school.de/ueber-uns/wirkung/

Kontrollgruppen-Vergleich: Der Vergleich der Entwicklung von Personen, die durch die Initiative unterstützt wurden, und anderen Betroffenen mit einer ähnlichen Ausgangssituation stellt einen statistischen Nachweis der Wirkung dar. Der Unterschied in der Entwicklung dieser beiden Gruppen eliminiert andere Effekte besonders für eine große Anzahl beobachteter Personen. Dieses Verfahren eignet sich insbesondere dort, wo Vergleichswerte bereits erhoben werden und ggf. sogar zugänglich sind, wie z.B. bei Abschlussnoten, Rückfallquoten, etc.

Beispiel: ROCK YOUR LIFE hat einen umfassenden Vergleich der Entwicklung betreuter Schülerinnen und Schüler mit Schülerinnen und Schülern in ähnlichen Lebenssituationen angestellt. Zur Studie: https://www.ifo.de/pressemitteilung/2021-02-03/mentoring-programm-verbessert-arbeitsmarktchancen-stark-benachteiligter

Sozialrendite: Mit dem Social-Return-on-Investment (SROI) wird der Versuch unternommen, eine finanzwirtschaftliche Kennzahl in den Non-Profit-Sektor zu übertragen. Dabei wird eine (zugegebenermaßen relativ abstrakte Zahl) errechnet, die den sozialen, finanziellen Wert der erreichten Wertschöpfung im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln widerspiegeln soll.

Beispiel: Balu & Du hat eine umfassende Analyse der Sozialrendite ihres Mentoring-Programms vorgestellt und errechnet, welchen gesellschaftlichen Mehrwert die Unternehmung hat. Zur Analyse: https://www.balu-und-du.de/wirkung/sroi-analys

Die Orientierung an bereits bestehenden Wirkungsberichten, insb. von Initiativen mit vergleichbaren Ansätzen, kann sehr hilfreich sein, um Anregungen für die eigene Wirkungsdefinition und -messung zu erhalten. Weitere Beispiele sind u.a.:

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