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Rechtsformen bürgerschaftlichen Engagements: Initiative – Stiftung – Verein – GmbH

Prof. Dr. Burkhard Küstermann

Jeder Projektinitiator steht vor der Frage, in welcher Rechtsform er seine Projektidee in die Tat umsetzen möchte. Soll das Projekt selbstständig bleiben oder kann die Idee besser unter dem Dach einer bereits bestehenden Institution gedeihen? Dies ist die erste Frage, die gleich zu Anfang zu beantworten ist.

Der Vorteil der „Dachlösung“ lässt sich nicht so ohne Weiteres von der Hand weisen. Auf diese Weise kann viel Energie und Geld für Aufbau und Unterhalt einer eigenen Verwaltungsstruktur gespart werden. Die Akteure können sich vollständig auf die Einwerbung der erforderlichen Mittel sowie die Planung und Durchführung des Projekts konzentrieren und letztlich auch von den Erfahrungen des Partners profitieren. Vielfach lassen sich auch weitergehende Synergieeffekte erzielen, z.B., wenn sich der Projektpartner bereit erklärt, eigene Mittel für das Vorhaben zur Verfügung zu stellen. Vereinbarungen können der häufig geäußerten Befürchtung entgegenwirken, dass die eigene Projektidee so nicht hinreichend sichtbar werde und man sich zu sehr in die Abhängigkeit des Projektpartners begebe. 

Eigenständigkeit zu bewahren, aber auf eine eigene Organisation zu verzichten, erlaubt der Projektstatus der Initiative. Dies erscheint insofern verlockend, als ein unverzügliches Agieren möglich ist und – wenn überhaupt – nur geringe gesetzliche Anforderungen zu berücksichtigen sind. Gefördert werden diese unselbstständigen bürgerschaftlichen Zusammenschlüsse zudem in aller Regel von den Bundesländern, die zum unfallversicherungs- bzw. haftpflichtversicherungsrechtlichen Schutz bürgerschaftlich Engagierter in unterschiedlichem Umfang Sammelversicherungsverträge abgeschlossen haben. Dagegen spricht allerdings, dass eine bloße Initiative nicht die weitgehenden Steuerbefreiungen für sich in Anspruch nehmen kann, die der Gesetzgeber Körperschaften einräumt, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Auch ein eigenständiges Auftreten im Rechtsverkehr wird einer Initiative in der Regel nicht möglich sein.

Die größte praktische Relevanz im Recht der Gemeinnützigkeit haben vor allem aus steuerrechtlichen Gründen der eingetragene Verein, die Stiftung und die GmbH. 

Der Verein

Soll eine große Anzahl von Mitgliedern an der Realisierung des Vorhabens mitwirken oder ist absehbar, dass der Mitgliederbestand öfter wechselt, so ist dies ein starkes Argument zur Errichtung eines Vereins. Ein- und Austritt sind bei einem Verein rasch und unkompliziert möglich. 

Die Mitglieder sind es, die im Rahmen der Mitgliederversammlung die Ausrichtung des Vereins bestimmen und bindende Beschlüsse für den Vereinsvorstand treffen können. Grundsätzlich kommt jedem Vereinsmitglied das gleiche Stimmgewicht zu. Auf Grund steigender Mitgliederzahlen ist die Mehrheitsbildung oft schwierig. Dies fördert die Unabhängigkeit des Vorstands. 

Der Aufwand zur Gründung eines Vereins ist gering. Ein Mindestkapital sieht das Gesetz dafür nicht vor. Mindestens sieben Vereinsmitglieder müssen sich zusammenfinden. Die Vereinsmitglieder sind es in der Regel auch, die durch ihre Beiträge und Spenden die Verwirklichung des Vereinszwecks ermöglichen. Die Auflösung des Vereins ist durch einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss möglich. 

Die Stiftung

Häufig subjektiver Natur sind die Gründe, die der Errichtung einer Stiftung zu Grunde liegen. Stifter werden vielfach als Mäzene angesehen, die sich für einen gemeinnützigen Zweck engagieren. Mit dem Begriff „Stiftung“ sind in besonderer Weise positive Assoziationen verbunden. 

Stifter einer Stiftung kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person oder eine Personenmehrheit sein, die ein besonderes Interesse daran hat, dass ein bestimmter gemeinnütziger Zweck nachhaltig – auch über den eigenen Tod hinaus – realisiert wird. 

Rechtlich gesehen handelt es sich bei einer Stiftung um eine reine Verwaltungsorganisation. Die Stiftung ist eigentümerlos. Sie gehört und verwaltet sich selbst. Mitgliedschafts- oder Gesellschafterrechte sind der Stiftung fremd. 

Handlungsfähigkeit erlangt die rechtlich selbstständige Stiftung durch den Vorstand. Dieser ist in seiner Tätigkeit an den Willen des Stifters gebunden, der in der Satzung seinen Ausdruck findet. Um eine laufende Kontrolle des Stiftungsvorstands zu gewährleisten, ist es möglich, weitere Organe, z.B. einen Stiftungsrat, vorzusehen und mit Kontrollrechten auszustatten. 

Das Gesetz macht keine konkreten Angaben, wie hoch das zur Verfügung stehende Kapital sein muss, damit eine Stiftung als rechtsfähig anerkannt werden kann. Gewährleistet sein muss, dass der Stiftungszweck aus den zur Verfügung stehenden Erträgen (und gegebenenfalls zusätzlich eingeworbenen Spenden) dauerhaft und nachhaltig erfüllt werden kann. Vor diesem Hintergrund wird in der Regel ein Kapital von mindestens 50 Tsd. EUR als erforderlich zur Errichtung einer Stiftung angesehen. Dieser Betrag kann jedoch – in Abhängigkeit von den im Rahmen der Stiftung verfolgten Zwecken sowie den Vorgaben der zuständigen staatlichen Stiftungsaufsicht – variieren.

Die Auflösung einer Stiftung ist nur unter strikten Voraussetzungen möglich. Auf diese Weise wird die besondere Nachhaltigkeit der Stiftung gewährleistet. Eine Stiftung lässt sich nur dann auflösen, wenn entweder die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden ist oder der Stiftungszweck mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr erfüllt werden kann. 

Die GmbH

Eigentümer einer GmbH sind die Gesellschafter. Sie halten die Gesellschaftsbeteiligungen als Vermögenswert. Die Schaffung weiterer Gesellschaftsrechte unterliegt ebenso wie die Übertragung der bestehenden Rechte auf andere Gesellschafter qualifizierten Voraussetzungen. Auf Grund ihrer Bindung an die Gesellschafter bietet sich die GmbH insbesondere dann an, wenn der Gesellschafterkreis gar nicht oder nur selten wechseln soll. 

Die Gesellschafter sind auch die Entscheidungsträger für alle wesentlichen Fragen der Geschäftstätigkeit und Organisation der GmbH. Sie sind es, die die Geschäftspolitik bis hin zu Einzelfragen bestimmen können. Insbesondere steht ihnen ein uneingeschränktes Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung zu. Es spricht einiges für die Errichtung einer GmbH, wenn sich ein kleiner Kreis privater Initiatoren auf Dauer Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten erhalten möchte. 

Das Stammkapital, das die Gesellschafter aufbringen müssen, um eine GmbH zu errichten, beträgt 25 Tsd. EUR. Durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss können die Gesellschafter entscheiden, die Gesellschaft wieder aufzulösen, etwa dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel aufgezehrt sind oder die Ideen zur Realisierung des angestrebten Zwecks ausgehen. 

Als eine insbesondere für Existenzgründer attraktive Variante der GmbH stellt sich die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) (kurz: UG) dar. Theoretisch kann die UG bereits mit einem Stammkapital von lediglich 1 EUR gegründet werden – praktisch beträgt das Stammkapital meist bis zu 1.000 EUR. Als Ausgleich hierfür muss zum Vermögensaufbau jährlich ein Teil des Jahresüberschusses in eine Rücklage eingestellt werden. 

Gemeinnützigkeit

Unter Beachtung der Anforderungen der Abgabenordnung (AO) können Verein, Stiftung, GmbH und UG als gemeinnützig anerkannt werden. Die mit dem Status der Gemeinnützigkeit verbundene Steuervergünstigung wird gewährt, wenn sich aus der Verfassung ergibt, welchen gemeinnützigen Zweck die Organisation ausschließlich und unmittelbar verfolgt. Darüber hinaus muss auch die tatsächliche Geschäftsführung den Satzungsbestimmungen entsprechen. 

Fazit

Die Rechtsformen, in denen sich bürgerschaftliches Engagement verwirklichen kann, sind vielfältig – ebenso wie die Aspekte, die den Ausschlag für die Wahl der einen oder anderen Organisationsform geben können. Dazu zählen neben subjektiven Motiven der Akteure insbesondere der Wunsch nach einer vermögensmäßigen Beteiligung sowie vermittelten (Mitgliedschafts-)Rechten, die sich der Initiator vorbehalten möchte, die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, die Anzahl der Akteure, die eingebunden werden sollen, sowie die Nachhaltigkeit, mit der die Organisation tätig werden soll. Je nach seinen Prioritäten wird der bürgerschaftlich Engagierte dem Verein, der Stiftung, der GmbH oder der UG den Vorzug geben.

Zum Autor

Prof. Dr. Burkhard Küstermann

Prof. Dr. Burkhard Küstermann, LL.M. lehrt seit 2015 das Recht des Sozialwesens an der BTU Cottbus-Senftenberg. Von 2008 bis 2015 war er Mitarbeiter beim Bundesverband Deutscher Stiftungen (Justiziar, Leiter der Initiative Bürgerstiftungen, stellvertretender Generalsekretär). Vorhergehende Stationen führten ihn als Justiziar zum Landkreis Gütersloh und als Referent zum Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Freiberuflich arbeitet Prof. Küstermann als Organisationsberater, Mediator und Coach. Weitergehende Informationen unter burkhard-kuestermann.de

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